Immobilienfinanzierung ohne Eigenkapital – geht das überhaupt?

Nicht jeder Verbraucher hat ein prall gefülltes Sparbuch. Doch die günstigen Zinsen sind mehr als verlockend. Schon bald könnten sie wieder ansteigen. Zum Glück gibt es eine einfache Lösung: Bei der sogenannten 110%-Finanzierung ist keine Anzahlung notwendig. Das Objekt wird komplett von der Bank finanziert. Dabei sind jedoch einige Punkte zu beachten. So klappt die Immobilienfinanzierung ohne Eigenkapital!

Wofür brauche ich Eigenkapital?

In der Regel setzen die Banken eine Anzahlung voraus. Als Faustformel wird eine Summe zwischen 10 und 30 % empfohlen. Je mehr Sie anzahlen, desto attraktiver fallen die Zinsen aus.

Das Ausfallrisiko der Bank nimmt mit einem hohen Eigenkapital deutlich ab. Müssen Sie von heute auf morgen Insolvenz anmelden, ist das nicht weiter schlimm. Die Bank kann Ihre Immobilie ohne Verluste versteigern. Somit geht das Kreditinstitut bei einer klassischen Baufinanzierung kein Risiko ein.

Schließlich haben Sie das Eigenkapital als Sicherheitspuffer angezahlt. Anders sieht es bei einer Immobilienfinanzierung ohne Eigenkapital aus. Hier existiert kein Finanzpuffer, da das komplette Darlehen von der Bank übernommen wird. Das Institut geht in Vorleistung und riskiert einen Verlust. Dieses Risiko lässt sich der Kreditgeber mit höheren Zinsen vergüten.

Tipp: Versuchen Sie eine Anzahlung zu leisten. Vielleicht können Sie einige Sachgüter verkaufen? Wertpapiere wie Aktien lassen sich ebenfalls leicht zu Geld machen. So kommen Sie doch an ein wenig Eigenkapital.

Besitzen Sie keine Ersparnisse, brauchen Sie eine Immobilienfinanzierung ohne Eigenkapital. Es ist ein Fremdkapital in Höhe von 100 bis 130 % erforderlich. Einige Banken haben sich auf diese Zielgruppe spezialisiert.

Als Kreditnehmer sollten Sie die Angebote genau unter die Lupe nehmen. Es bestehen große Zinsunterschiede. Schlaue Eigentümer berücksichtigen Zusatzleistungen wie Sondertilgungen.

Wenn Sie diesen Artikel aufmerksam lesen, erfahren Sie die besten Spartricks. Es sind bis zu fünfstellige Ersparnisse möglich. Mit den folgenden Infos können Sie eine faire Immobilienfinanzierung ohne Eigenkapital finden.

“Ich könnte fünf Jahre sparen …”

Nehmen wir an, ein Sparer legt monatlich 333 Euro zurück. Nach 5 Jahren haben sich rund 20.000 Euro angesammelt. Damit könnte er sich eine Wohnung bis ungefähr 100.000 Euro leisten. Wie ich auf diesen Betrag komme, erkläre ich Ihnen im Laufe des Artikels.

Zuerst möchte ich Ihnen zwei Rechenbeispiele präsentieren.

Das erste Beispiel (1) zeigt einen Kauf mit Eigenkapital. Unser Sparer hat 5 Jahre gebraucht, um 20.000 Euro zu sparen. Davon kann er 10.000 Euro als Eigenkapital einbringen. In dieser Zeit sind die Zinsen jedoch gestiegen.

  • Eigenkapital: 10.000 Euro
  • Kaufpreis: 100.000 Euro (die Kreditsumme beträgt 90.000 Euro)
  • monatliche Rückzahlung: 500 Euro
  • effektiver Jahreszins: 5,0 %
  • restliche Schulden nach 10 Jahren Sollzinsbindung: 69.419 Euro

Im zweiten Fall (2) wird das Eigenheim ohne Anzahlung finanziert. Der Käufer nutzt die aktuelle Niedrigzinsphase, um ein günstiges Angebot zu erhalten. Für die Immobilienfinanzierung ohne Eigenkapital zahlt er einen gewissen Aufpreis. Trotzdem ergibt sich eine Überraschung.

  • Eigenkapital: 0 Euro
  • Kaufpreis: 100.000 Euro
  • monatliche Rückzahlung: 500 Euro
  • effektiver Jahreszins: 3,0 %
  • restliche Schulden nach 10 Jahren Sollzinsbindung: 64.668 Euro

Kleineres Darlehen, höhere Restschuld

Unser Beispiel-Eigentümer hat fünf Jahre fleißig gespart. Am Ende steht er mit höheren Schulden da. Die Kreditsumme liegt im ersten Beispiel nur bei 90.000 Euro. Das sind stolze 10.000 Euro weniger als beim zweiten Darlehen. Dennoch bleibt im zweiten Fall eine geringere Restschuld übrig.

Somit hat sich die Immobilienfinanzierung ohne Eigenkapital ausgezahlt. Wie ist das möglich? Entscheidend ist die Höhe der Effektivzinsen.

Tipp: Einige Banken werben mit niedrigen Sollzinsen. Lassen Sie sich davon nicht blenden!

Der Sollzinssatz zeigt nur die Höhe der Zinsen auf. Im effektiven Jahreszins hingegen sind die jährlichen Gesamtkosten eines Kredits enthalten. Für einen Vergleich sollten Sie immer den Effektivzins heranziehen.

Im zweiten Beispiel fällt der Effektivzins günstiger aus. Die teuren Zinsen des ersten Kredits fressen das Eigenkapital auf. Der Kreditnehmer hat mit hohen Zinsen zu kämpfen.

Daraus folgt: Bei günstigen Zinsen ist eine Immobilienfinanzierung ohne Eigenkapital eine gute Idee.

Der Zins-Chart von Interhyp zeigt die historische Entwicklung der Bauzinsen. Wie Sie sehen, lagen die Zinsen im Jahr 2008 bei über 5 Prozent.

Bei einem so teuren Zinsumfeld ist ein möglichst hohes Eigenkapital zu empfehlen. Seit 2015 befinden wir uns glücklicherweise in einem Zinstief. Das ist schlecht für Sparer, da sie kaum Erträge fürs Sparbuch erhalten. Dafür dürfen sich Immobilienkäufer an günstigen Konditionen erfreuen.

Solange die Zinsen günstig bleiben, befinden wir uns in Situation (2) vom oberen Beispiel. Steigen die Zinssätze wieder an, könnte Fall (1) drohen. Trotz Eigenkapital wären Ihre Schulden nach 10 Jahren höher!

Wie sich die Zinsen entwickeln, lässt sich sehr schwer prognostizieren. Theoretisch können sie noch einige Jahre auf dem niedrigen Niveau verbleiben. Ich persönlich würde keine Risiken eingehen, da teurere Zinsen vier- bis fünfstellige Mehrkosten bedeuten.

Fallstrick: Erwerbsnebenkosten beachten

Ein Muster-Eigentümer hat 20.000 Euro an Eigenkapital auf dem Konto. Im oberen Beispiel habe ich nur 10.000 Euro als Eigenkapital angerechnet. Die notwendige Kreditsumme ist von 100.000 Euro (Kaufpreis der Wohnung) auf 90.000 Euro gesunken. Was ist mit den restlichen 10.000 Euro passiert?

Viele Käufer vergessen an die Kaufnebenkosten zu denken. Diese Ausgaben sind nicht zu missachten, da sie ungefähr 10 % der Kaufsumme ausmachen. Kostet die Wohnung 100.000 Euro, ist mit ungefähr 10.000 Euro an Nebenkosten zu rechnen.

So setzen sich die Erwerbsnebenkosten zusammen:

  • Grunderwerbsteuer (je nach Bundesland 3,5-6,5 %)
  • Grundbuch und Notar (ca. 1,0 %)
  • Maklerprovision (3-7 %)
  • Anschaffung der Einrichtung
  • Instandsetzung und Renovierung

Die ersten beiden Kostenblöcke sind unumgänglich. Es sind staatlich festgelegte Ausgaben, die in jedem Fall zu begleichen sind. Anders verhält es sich bei den unteren Punkten.

In der Regel teilen sich Käufer und Verkäufer die Maklergebühr 50:50 auf. Die genaue Aufteilung ist jedoch frei verhandelbar. Befindet sich das Objekt seit längerer Zeit auf dem Markt, können Sie vom Besitzer eine komplette Übernahme der Maklerkosten verlangen.

Denken Sie auch an notwendige Renovierungs- und Sanierungsarbeiten. Im besten Fall können Sie diese Ausgaben aus eigener Tasche begleichen. Das ist aber nicht immer möglich. Aus diesem Grund existieren verschiedene Vollfinanzierungen. Es wird zwischen 100-, 105-, 110- und sogar 130-Prozent-Finanzierungen unterschieden.

Beispiel: Neben dem Kaufpreis der Wohnung (100.000 Euro) fallen 10.000 Euro an Nebenkosten an. Unter dem Strich liegt die Gesamtsumme bei 110.000 Euro. Eine 100%-Finanzierung würde nur die 100.000 Euro abdecken. Wer überhaupt kein Eigenkapital besitzt, benötigt hier ein 110-Prozent-Darlehen.

Voraussetzungen für die Kreditvergabe

Viele Banken setzen ein überdurchschnittliches Einkommen voraus. Das sollten Sie bei der Immobilienfinanzierung ohne Eigenkapital beachten. Der Kreditgeber geht ein höheres Risiko ein, da keine Anzahlung als Sicherheit vorhanden ist.

Deshalb sollte der künftige Eigentümer eine gute Bonität besitzen. Ein sicherer Arbeitsplatz ist eine weitere Voraussetzung. In der Probezeit oder mit befristeten Arbeitsverträgen werden Sie keine Vollfinanzierung erhalten.

Außerdem spielt die Immobilie an sich eine wichtige Rolle. Handelt es sich um ein Objekt in begehrter Lage, stehen die Chancen des Kreditnehmers besser. Derartige Wohnungen kann die Bank problemlos verkaufen.

Weniger beliebte Gegenden sind problematisch. Hier können die Preise sogar fallen, was das Risiko des Kreditgebers erhöht. Das beste Argument für eine Immobilienfinanzierung ohne Eigenkapital bleibt ein solides Gehalt.

Zusätzlich können Sie folgende Sicherheiten hinterlegen:

  • Bürgschaften (Eltern, Freunde, Verwandte)
  • Lebensversicherungen
  • private Rentenversicherungsverträge

Es kann sinnvoll sein, sich gegen persönliche Risiken zu schützen. Heute mag der Arbeitsplatz sicher erscheinen, aber gilt das auch noch in fünf Jahren? Wer die Raten nicht mehr begleichen kann, verliert sein Eigenheim. Das ist ein wichtiger Punkt bei der Immobilienfinanzierung ohne Eigenkapital.

Als Absicherung kommt eine Restschuldversicherung infrage. Sie springt finanziell im Falle von Arbeitslosigkeit, Krankheit oder Tod ein. Alternativ bietet sich eine Berufsunfähigkeitsversicherung an. Der Versicherer ersetzt Ihnen im Notfall das bisherige Einkommen.

Lesen Sie sich den Versicherungsvertrag sorgfältig durch. Manchmal sind zahlreiche Leistungsausschlüsse vorhanden. Denken Sie daran, dass jede Zusatzleistung die Kreditkosten erhöht. Überlegen Sie sich genau, ob Sie eine Versicherung wirklich benötigen.

Das gesparte Geld können Sie in Sondertilgungen investieren. Die persönlichen Lebensumstände sind entscheidend. Deshalb lässt sich keine Pauschalaussage treffen. Schilden Sie Ihre Situation einem seriösen Immobilienmakler, um eine individuelle Lösung zu ermitteln.

Wo finde ich ein günstiges Darlehen?

Die meisten Verbraucher fragen bei ihrer Hausbank an. Das ist verständlich, immerhin zählt ein Kredit zu den wichtigsten Lebensentscheidungen. Da scheint ein Experte vor Ort sinnvoll zu sein. Was sich vernünftig anhört, ist ein großer Fehler.

Ein Kreditvergleich zahlt sich mehr als aus. Bereits geringe Zinsunterschiede von 0,2 % können zu vierstelligen Ersparnissen führen. Ich würde mein hart verdientes Geld nicht der Hausbank schenken.

Tipp: Führen Sie einen Kreditvergleich durch. Wählen Sie den günstigsten Anbieter. Es macht einen großen Unterschied, ob die monatliche Rate bei 600 oder 700 Euro liegt.

Nach 10 Jahren Sollzinsbindung sind das 12.000 Euro Preisdifferenz. Nicht jede Bank bietet eine Immobilienfinanzierung ohne Eigenkapital an. Deshalb können sich umso größere Unterschiede ergeben.

Überblick an seriösen Vergleichsrechnern:

Diese Rechner sind auf eine Immobilienfinanzierung ohne Eigenkapital spezialisiert. Geben Sie unbedingt den künftigen Wohnort an, um das beste Angebot zu ermitteln. Bestimmte Gegenden werden von lokalen Instituten gefördert, wovon Sie als Kreditnehmer profitieren können.

Tipps zur Kostensenkung

Folgende Tipps gelten für alle Baudarlehen. Bei der Immobilienfinanzierung ohne Eigenkapital sind sie umso wichtiger. So können Sie den höheren Zinsen clever entgegenwirken!

1. Tilgung von mindestens 3 %

Eine niedrige Tilgungsrate klingt verlockend. Die monatliche Rückzahlung bleibt überschaubar. Leider gilt das auch für Ihre Schulden. Vereinbaren Sie eine Tilgung von 3 % oder höher, um schneller schuldenfrei zu sein. Vor allem in Zeiten von Niedrigzinsen sollten Sie einen Wert zwischen 3-7 % wählen.

2. Kostenfreie Tilgungsänderungen

Eine Änderung der Tilgungsrate muss vertraglich vereinbart sein. Sonst sind Sie der Kulanz Ihrer Bank ausgeliefert. Manche Institute bieten bis zu vier jährliche Gratis-Wechsel der Rate an. Mit dieser Zusatzleistung können Sie flexibel auf Ihre Finanzen reagieren.

Das Auto benötigt eine unerwartete Reparatur? Dann senken Sie die Tilgungsrate für ein halbes Jahr ab. Erhalten Sie eine Gehaltserhöhung, können Sie die Tilgung entsprechend anpassen.

3. Sondertilgungen vereinbaren

Bestehen Sie auf optionale Sondertilgungen. Darunter versteht man außerplanmäßige Zahlungen. Gewährt Ihnen der Chef einen Bonus, können Sie dieses Geld zur Tilgung der Immobilienfinanzierung ohne Eigenkapital nutzen. Haben Sie gerade kein Kapital übrig, ist das nicht weiter schlimm.

Dann lassen Sie die Frist zur Sondertilgung eben verstreichen. Negative Konsequenzen gibt es keine. Im Normalfall bieten Banken eine jährliche Sondertilgung von 5-10 % der aufgenommenen Kreditsumme an. Höhere Beträge sind mit Mehrkosten verbunden.

4. Lange Sollzinsbindung

Die meisten Kreditnehmer entscheiden sich für eine Sollzinsbindung von 10 Jahren. Das ist die Zeitspanne, in der die Zinsen unverändert bleiben. Danach ist eine Anschlussfinanzierung zum jeweils gültigen Zinssatz notwendig. In günstigen Zinsphasen lohnt sich eine lange Sollzinsbindung von 10-20 Jahren.

Für Laufzeiten von über 10 Jahren wird ein vergleichsweise höherer Zinsaufschlag berechnet. Deshalb bevorzuge ich eine Bindungsfrist von 10 Jahren. Mit etwas Glück erwischen Sie ein günstiges Angebot für eine 15- oder 20-jährige Sollzinsbindung.

5. Sonstige Schulden begleichen

Bei der Immobilienfinanzierung ohne Eigenkapital spielt Ihre Bonität eine wichtige Rolle. Diese können Sie verbessern, indem Sie laufende Kredite vorzeitig zurückzahlen. Oftmals wird dieser Aufwand mit attraktiveren Zinsen belohnt. Haben Sie Ärger mit der Schufa, müssen Sie sich umgehend darum kümmern.

Fazit: Ja, Immobilienfinanzierung ohne Eigenkapital ist möglich

In Zeiten von Niedrigzinsen ist eine Immobilienfinanzierung ohne Eigenkapital eine gute Idee. Wichtig: Es sollte eine möglichst hohe Tilgung von 3 % oder mehr festgelegt sein. Sichern Sie sich das Recht auf Sondertilgungen. Die Zinsfestschreibung sollte bei mindestens 10 Jahren liegen. Dann könnte sich die 110-Prozent-Finanzierung mehr als auszahlen.

Manchmal taucht das Traumhaus von heute auf morgen auf. Der Preis ist unschlagbar, deshalb ist Schnelligkeit gefragt. Trauen Sie sich und fragen Sie die Konditionen einer Vollfinanzierung an. Dafür sind die vorgestellten Vergleichsrechner hervorragend geeignet. Ich drücke Ihnen beide Daumen, dass es mit dem Darlehen klappt!

 

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